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Geschichte

Junggesellenverein oder Schützen?

Gerne werden wir mit diesen beiden Richtungen verwechselt. Wir sind aber weder ein Junggesellenverein noch sind wir Schützen oder eine Schützenbruderschaft. Wir sind eine Bruderschaft, die Teil der katholischen Pfarrgemeinde Sankt Laurentius zu Oberdollendorf, im Seelsorgebereich Königswinter-Tal ist. Eine Bruderschaft innerhalb der römisch-katholischen Kirche. Diese Form der Junggesellen-Bruderschaft ist im hiesigen Raum des Erzbistums Köln nur in Dollendorf bislang bekannt.

Wie entstand diese Junggesellen-Bruderschaft?

Bereits im 12 . Jahrhundert muss es in Oberdollendorf diese Bruderschaft gegeben haben. Sie hatte ausschließlich religiöse Aufgaben: Die Förderung der Religion durch Gebet und Werke der Nächstenliebe und gegenseitige Unterstützung. Durch die Wirren der Reformation im 16. Jahrhundert und den dreißigjährigen Krieg mit Plünderungen, Raub, Brandschatzung, Verschleppungen, Verwüstungen usw. ging die offizielle Form der Bruderschaft unter. Der Gedanke daran aber blieb im Gedächtnis des Ortes erhalten.

Dieser Gedanke wurde immer lebendiger, je mehr die Pest in Oberdollendorf und Römlinghoven wütete. Junge Männer schlossen sich zusammen und legten ein Gelübde ab: „Wenn die Pest in Oberdollendorf und Römlinghoven auf die Fürsprache des weithin bekannten und beliebten Pestheiligen Sankt Sebastianus erlösche, wolle man die Bruderschaft mit der klaren und eindeutigen Zielsetzung der Förderung des religiösen und gesellschaftlichen Lebens in Oberdollendorf wiedergründen.

Wann wurde diese Bruderschaft wiedergegründet?

Am Fest des heiligen Apostel Matthias war es dann soweit. Am 24. Februar des Jahres 1659 wurde in Oberdollendorf die heutige Bruderschaft wiedergegründet. Es ist zur Tradition geworden, dass sich die Sebastianer am 24. Februar eines jeden Jahres um 18 Uhr in der Sankt Sebastianus Turmkapelle zu Oberdollendorf einfinden und gemeinsam die Vesper beten.
Zahlreiche historische Fotos unserer Bruderschaft findest Du in unserem Archiv. Die Bilder geben einen Einblick in die Kirmesveranstaltungen der letzten 100 Jahre und zeigen wie wichtig uns die Erhaltung dieser Tradition ist.

Von der Gründung bis heute

Genauso bewegt wie das normale Leben der einzelnen Menschen sein kann, genauso lebendig die Geschichte war, genauso erlebnisreich wird wohl auch das Leben der Sebastianer in unserer Bruderschaft gewesen sein. Leider sind wir nicht im Besitz einer chronologischen Reihenfolge von Büchern, angefangen von der Gründung, über die Wiedergründung bis heute. Einzelne Schriftstücke, die Hinweise oder Aufschlüsse über das Bruderschaftsleben oder diese Bruderschaft geben, sind vorhanden, vieles an Unterlagen verloren, der Sinn und das Leben in der Bruderschaft aber lebendig geblieben.

Sinn und Zweck dieser Bruderschaft

Sachlich klar und unstrittig ist die Aufgabenstellung für die Bruderschaft aufgezeigt und seit Jahrhunderten unverändert und wichtig. Die Bruderschaft hat die Aufgabe das religiöse und gesellschaftliche Leben zu pflegen.
Würde diese Bruderschaft auch nur eine der beiden Aufgaben vernachlässigen oder sogar streichen, hätte sie keine Existenzberechtigung mehr.

Schwerpunkte der Bruderschaft in der Vergangenheit

In Erfüllung der Aufgabenstellung übernahm die Bruderschaft viele soziale und caritative Aufgaben. Bevor die Sozialgesetzgebungen und Schulen für alle Bevölkerungsschichten Fuß fassten, halfen die Sebastianer bei Krankheit, Not und Tod dem Nächsten. Auch wurde die Allgemeinbildung gefördert durch Vorträge und Gespräche. Vom ersten Königsvogelschießen, als Förderung des gesellschaftlichen Lebens, zeugt das älteste Königsschild von 1761. Das Gebet miteinander und füreinander war eine Selbstverständlichkeit.
Winzerfest 1919 - Fahnenschwenken am Sankt-Sebastianusplatz nach der Fahnenweihe und dem Winzerfestzug.

Die Erfüllung der Aufgabenstellung in heutiger Zeit

Jede Zeit hat ihre eigenen Schwierigkeiten. Aber sicherlich stimmen Sie der Auffassung zu, dass durch das vielfältige Angebot auch Sebastianer nicht auf einer einsamen Insel leben, die sie wohlbehütet ohne Zweifel und Fragen lässt. (Fortbewegungsmittel geben einem die Möglichkeit mal eben irgendwo hin zu fahren, die Freizeitindustrie schafft Zufluchtsangebote, das Internet bietet die Möglichkeit sich jederzeit über alles und jedes zu informieren, anonym oder indem man sich seinem Chatpartner öffnet, aber man kann auch ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer einzugehen abschalten. usw...) Dies zeigt unzweifelhaft die schlechte Seite, wenn insbesondere Heranwachsende unkritisch alle Angebote auf sich zukommen lassen, welche der Markt der vielen Möglichkeiten, sehr oft ohne jede persönliche Beziehung untereinander anbietet. Hier wird es heute und in Zukunft eine verstärkte Aufgabe dieser Bruderschaft sein, verstärkt Engagement zu zeigen.
Diese Bruderschaft muss noch viel mehr deutlich machen, dass sie mehr tut als Kirmes feiern, Spielnachmittage und Ausstellungen durchführen, Zeltlager und Fahrten organisieren, an Quizrallyes und Fußballturnieren teilnehmen, Bettelgänge für Menschen in Not machen, Einkehrtage zu wirklich innerer religiöser Einkehr anbieten. Sie muss deutlich machen, dass das eigentlich Wichtige mancher presse- und publikumswirksamer Veranstaltung tiefer sitzt. Es ist das tägliche neue Auseinandersetzen mit insbesondere jungen Menschen, die noch auf der Suche nach Sinn- und Lebensaufgaben sind.
Auch der Personenkreis ist ja nicht ein konstanter Kreis von Menschen für die schon alles klar ist. Immer wieder stoßen halbjährliche neue Sebastianer in diese Bruderschaft. Immer wieder muss von vorne angefangen werden. Von vorne, bei der Wurzel des Glaubens, die Grundlage des Tuns unserer Bruderschaft ist. Immer wieder muss aufs Neue deutlich gemacht werden, dass diese Bruderschaft eine Gemeinschaft ist, für die es wichtig ist miteinander zu reden und etwas gemeinsam zu tun. Gemeinsam, nicht nach dem Motto "einer wird’s schon machen, ich komme wenn ich Lust dazu habe".
Die zahlreichen Veranstaltungen sind dabei Hilfestellungen. Um etwas zu veranstalten müssen Sebastianer einzeln und in größeren und kleineren Gruppen überlegen und selbst mit Hand anlegen, damit, egal welche Veranstaltung, der richtige Weg gefunden wird etwas durchzuführen. Dieses gemeinsame Tun ist zwar wesentlich unscheinbarerer, aber genauso wichtig wie eine gelungene Veranstaltung.
Geschrieben von Franz-Hubert-Werner Sand (Ehrenpräsident),
zum 350-jährigen Bestehen der Bruderschaft
Viele historische Bilder und Dokumente zu den St. Sebastianus-Bruderschaften und zur katholischen Kirchengemeinde findest Du auch im Virtuellen Brückenhofmuseum.